Project Description
Ein Tässchen Tee bei Tina
Es ist herbstelig und ein wenig nasskalt. Ich mache mich auf den Weg nach Sailauf.
Vor einiger Zeit durfte ich eine Woche in das Leben einer Profibackstube bei Zeit für Brot in Frankfurt hineinschnuppern. Eine tolle Erfahrung!
Tina, habe ich bei einem Tässchen Tee, in ihrem gemütlichen Wohnzimmer, vorgeschwärmt wie toll es ist sich von Zeit zu Zeit den Luxus zu gönnen über den Tellerrand zu schauen.
Einfach mal alles anders machen als sonst. Das gewohnte Leben aufzugeben und in ein anderes Leben zu schlüpfen.
Alleine schon bei und mit Tina Tee zu trinken und zu Quatschen ist ein Genuss und inspirierend zugleich. Mein Blick schweift umher. Alles ist so wunderschön anders. Urgemütlich!
Im Schrank ein Sammelsurium von Tellern und Tassen. Zusammengewürfelte Einzelstücke. Der Esstisch bei genauerem hinsehen ein Unikat aus sehr alten massiven Schalungsbrettern.
Überhaupt gibt es zu allem hier eine kleine Geschichte. So viele Erinnerungen.
Ich fixiere die Spinne, die sich zwischen uns von der Decke abseilt. Wir haben uns viel zu erzählen. Tina hat ein spannendes unkonventionelles, extrem kreatives Leben.
Die Einladung
Zum Abschied dann die Einladung komm doch einfach mal vorbei. Ich zeige dir meinen Alltag. Echt? Darf ich? Juhuuuu! Das ist nun ein paar Wochen her und heute ist es soweit. Floristin für einen Tag 🙂
Ich sitze im Auto und erinnere mich mit einem Lächeln an meinen letzten Besuch und freue mich extrem auf unseren gemeinsamen Tag.
Türkränze!
In einer Woche ist Adventsausstellung. Es gibt viel zu tun und vorzubereiten. Perfekt! So kann ich meine nicht vorhandenen Fähigkeiten gleich mit einbringen. Thema des Tages: Türkränze! Cool, habe ich noch nie gemacht. Damit ich alles von Anfang mitbekomme und das Material schön frisch ist fahren wir erst mal los und besorgen uns einige Äste der Strobuskiefer.
Zurück in der Werkstatt schneide ich die Kiefer in kleine Stücke. Dafür lerne ich einige Tricks über die sinnvolle Länge der einzelnen Stücke und ganz wichtig, der richtigen Schnittkante mit der Astscheere. Meine Finger verkleben von dem frischen Harz und ich bekomme im laufe des Tages schöne schwarze Fingernägel.
Ich umwickele den Strohrömer (so heist der Strohkranzrohling) mit schwarzem Kranzband und fixiere ihn mit einer Nadel. Wobei diese Nadel natürlich nicht Nadel heisst, sondern Patenthafte. Ein Wort welches mir den restlichen Tag nicht im Kopf bleiben will.
Nun wird es spannend…
Meine vorbereiteten Strobuskieferästchen werden nun mit Wickeldraht um den Strohrömer gewickelt. Hört sich einfach an ist aber komplizierter als gedacht.
Da der Strohrömer natürlich ein runder Kranz ist muss diese Rundung beim Wickeln beachtet werden. Daher bekommt immer eine Runde über die andere 2 Zweige weniger, als die Vorige. Damit das Ergebnis auch nachher vorzeigbar ist, muss natürlich auf der Unterseite auch ein regelmäßiger Wickelabstand sichtbar sein.
Wir arbeiten ja schließlich auf höchstem Niveau für die Adventsausstellung.
Natürlich sollte auch die Wicklung gleichmäßig dick werden. Das Loch in der Mitte muss noch erkennbar und der Gesamteindruck nach Beachtung aller Regeln optisch schön wuschelig.
Ich bin hochkonzentriert. Wer mich besser kennt, weiß das ich tendenziell einen extrem hohen Anspruch an den Tag lege.
Tina setzt mich mit einem Lächeln unter Druck wenn sie mir berichtet, dass ein Kranz dieser Größe innerhalb von 10 Minuten umwickelt sein sollte.
Wir haben zum Glück nicht weiter auf die Uhr geschaut. Diese Zeitvorgabe habe ich in meinem Tempo deutlich überschritten, um es mal wohlwollend auszudrücken.
Dennoch es macht irre Spaß und ich bin extrem Stolz auf mein erstes Kränzchen. Tina begutachtet das Ergebnis und ist sehr zufrieden.
Tina hat derweil einige Kränze mit Calocephalus braunii gewickelt und ich darf diese mit Blumentauchwachs betupfen. Das Wachs konserviert und bietet eine winterlich, beschneite Optik. Überhaupt war Tina sehr produktiv. Einige wunderschöne Kränze zieren die Werkstatt. Wo kommen die denn nur alle her? Ich war so vertieft in mein Kränzchen…
Peter ruft uns zum Essen. Ist es wirklich schon so spät? Peter, Tinas Mann überrascht uns mit Couscous und leckerem Gemüse. Wir sitzen gemütlich zusammen und genießen die Wärme des Kaminfeuers. Ich bin froh, dass ich heute dabei sein darf.
Nach der Pause wickele ich noch fleißig zwei weitere Kränze. Es duftet nach frisch geschnittenen Kiefernzweigen und wir unterhalten uns über Anekdoten aus dem Alltag einer Floristin. Wer Standard und Althergebrachtes sucht wird es bei Tina nicht finden.
Das Finishing
Draußen wird es bereits dunkel, als ich meinen dritten Kranz fertig gewickelt habe. Langsam spüre ich auch körperlich das lange Stehen und die ungewohnte Körperhaltung. Vorsichtig fragt mich Tina ob ich denn noch Lust habe die Kränze fertigzustellen. Woohooooho! Natürlich möchte ich meine Kränze noch verzieren…
Tina deutet auf ein Bündel Flechtenzweige und eine Auswahl von Holzsternen. Ich möchte es jetzt nicht vermurksen und frage genau nach, wie sich meine Lehrmeisterin das Ergebnis vorstellt. Obwohl sie eine recht genaue Vorstellung hat, lässt sie mir auch in der Fertigstellung freie Hand und dennoch trägt das Ergebnis definitiv Tinas Handschrift.
Ich bin beeindruckt, wie angenehm mich Tina den ganzen Tag über an der langen Leine begleitet hat. Sie hat mir permanent das Gefühl gegeben, dass ich alleine den Entstehungsprozess beeinflussen kann und dennoch war ich immer unter Beobachtung damit ich nicht vom Weg abkomme. Ein tolles Erlebnis!
Liebe Tina, ich bin dir sehr dankbar für diese tolle Erfahrung. Dicke Umarnung! ♥
Natürlich werde ich mit meiner Familie am Wochenende die Ausstellung besuchen und stolz meine Werke präsentieren. Es gibt neben der Ausstellung ein gemütliches Lagerfeuer, Kürbissuppe und bestimmt eine extrem gute Zeit.
Voradventliche Ausstellung 2016, 12. November von 16 – 20 Uhr und 13. November von 12 – 18 Uhr
